Benchmark-Vergleich: Warum Südtirols Hotellerie die Nase vorn hat
Hotellerie
Benchmark-Vergleich: Warum Südtirols Hotellerie die Nase vorn hat
Gastronomie
Mag. (FH) Martin Mayerhofer, MSc
Managing Partner & Geschäftsführer
Villach, Österreich
martin.mayerhofer@kohl-partner.at+43 4242 21 123+43 664 85 88 693Zum AutorDie Gastronomie befindet sich im Wandel, Wirtshäuser sperren zu und die Gasthauskultur schwindet. Ein Programm der WKO soll dem Negativtrend ein Ende setzen.
Die Zahlen sprechen für sich: Die traditionellen Betriebsarten Gasthaus (–43 %) und Gasthof (–42 %) sind in ihrer Anzahl in den letzten 20 Jahren fast um die Hälfte geschrumpft. Parallel dazu sind die Betriebsarten Restaurant (+66 %) und Café (+22 %) im selben Zeitraum erheblich gestiegen. Eine Entwicklung, die sich vor allem in den letzten Jahren in jede Richtung extrem verschärft hat. Wir haben die Gründe dafür mit Expert:innen analysiert.
„Behördliche Auflagen, die Landflucht und Investitionsstaus haben den klassischen Wirtshäusern in den letzten Jahren enorm zugesetzt“, bestätigt Martin Mayerhofer, Managing Partner bei Kohl > Partner Hotel und Tourismus Consulting. Auch die Nachfolgeproblematik spitze sich immer weiter zu. Viele Betriebe existieren laut dem Gastronomieexperten nur noch aufgrund des starken Zusammenhalts innerhalb der Familien. Ein ständiger Kampf, der die Suche nach externen Mitarbeiter:innen äußerst schwierig macht. „Hinzu kommt die stark wachsende Nischengastronomie im urbanen Raum“, so Mayerhofer.
Gastronomie hat sich gewandelt
Auch im ländlichen Bereich haben Einkaufszentren, Tankstellen und kleine Bäckereien ihr Angebot erweitert und punkten nun mit längeren Öffnungszeiten und einem breiteren Sortiment. „Nicht nur die Gasthöfe, sondern auch andere Betriebe bzw. Einrichtungen wie Greißler, Postfilialen oder Polizeistationen verschwinden zunehmend aus kleineren Orten“, erklärt Helmut Eberhart, Professor am Institut für Volkskunde und Kulturanthropologie der Uni Graz.
Dazu habe sich die Gastronomie in den letzten Jahren generell stark gewandelt. Satt werden allein reicht heute nicht mehr aus. „Essen gehen“ ist mittlerweile zu einem sozialen Event geworden, bei dem nicht nur die Qualität der Speisen, sondern auch die Lage, die Serviceleistung und das Ambiente der Location überzeugen müssen. Der Trend hin zu internationalen Restaurants, Lokalen mit speziellen Konzepten oder aber auch Hauben-Gasthöfen mit extravaganten Menüs wird laut Expert:innen weiterhin anhalten.
Programm zum Erhalt
Trotz allem möchte man die Institution „Gasthaus“ nicht aufgeben. Zum Erhalt der steirischen Wirtshauskultur hat die WKO darum nun ein Sieben-Punkte-Programm erarbeitet, das von einer Reduktion der überbordenden Prüfpflichten bis hin zur Realisierung eines Förderprogramms für die finanzielle Unterstützung von qualitätsverbessernden Maßnahmen in Wirtshäusern reicht. „Ein landesweites Förderprogramm, wie es von Tourismuslandesrätin Babara Eibinger-Miedl nun realisiert wird, ist dabei ein erster, positiver Impuls“, betont WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk.
Ziel der Initiative sind vor allem aber auch Erleichterungen bei der Betriebsübergabe. Finanzielle Entlastungen und Förderungen von notwendigen Investitionen sollen im Sinne eines Erhalts der Wirtshauskultur erleichtert werden. Auch von Seiten der Gemeinden wird mehr Unterstützung erwartet. „Wir freuen uns, dass die Steiermark hier als erstes Bundesland einen Schwerpunkt setzt“, so die beiden WKO-Hotellerie- und Gastronomie-Obmänner Hans Spreitzhofer und Klaus Friedl. Denn der Beruf Wirt sei nach wie vor faszinierend.
Landesförderungen für die Gastro-Branche
Mit zwei gezielten Fördermaßnahmen will das Land Steiermark bis zu 15 Millionen Euro an Investitionen ermöglichen.
Die traditionellen Betriebsarten Gasthaus und Gasthof sind in den vergangenen Jahren stark geschrumpft. Darum werden die von Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl gemeinsam mit der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) gesetzten Förderschwerpunkte von der steirischen Tourismuswirtschaft außerordentlich begrüßt. Sie zeigen, dass die von der WKO Steiermark aufgezeigten Herausforderungen und Entwicklungen der Hotel- und Gastronomiebetriebe ernst genommen werden und mit dem Land Steiermark als starkem Partner gerechnet werden kann. Bis zu 15 Millionen Euro an Investitionen sollen mit den beiden nun gestarteten Programmen ermöglicht werden. Die Eckpunkte daraus:
Förderung 1: Mit der „Übernehmer_Offensive 2019“ wird die Übergabe und damit der Erhalt bestehender Hotel- und Gastronomiebetriebe unterstützt. Hier ist bei kleineren Unternehmen ein Einmalzuschuss von zehn Prozent der förderbaren Projektkosten möglich, bei mittleren Unternehmen werden die Förderbarwerte auf zehn Prozent Förderobergrenze angehoben.
Förderung 2: „Investitionen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ fördert Projekte im Rahmen von 100.000 bis drei Millionen Euro. Dabei übernimmt das Land Steiermark die Fixzinsen sowie die Haftungsprovision und gewährt einen Einmalzuschuss von zehn Prozent der förderbaren Projektkosten für kleine Unternehmen. Die ÖHT bietet überdies einen geförderten Kredit in Höhe von 90 Prozent der förderbaren Kosten (Laufzeit zehn Jahre, davon ein Jahr tilgungsfrei) sowie eine Absicherung dieses Kredites mit einer Bundeshaftung über 80 Prozent der Kreditsumme.
Das sagen die Gastronom:innen und Hoteliers:
Birgit Schwaiger, Buchhaus-Ritt (Voitsberg): „Wir sind ein Familienbetrieb, auch meine Eltern helfen noch täglich mit. Jeden Handgriff zu bezahlen, ist wirklich schwierig, aber mit vereinten Kräften schaffen wir es.“
Fabian Palz, Genusshirsch (Donnersdorf): „Ehrlichkeit zu den Gästen ist heute das Wichtigste. Mit Tiefkühlgemüse lassen sich die Gäste nicht abspeisen. Man muss sein Handwerk richtig machen, dann geht es.“
Jasmin Donner, Gasthof Donner (Fladnitz): „Wir kochen unter der Woche für Firmen, Kindergarten und Seniorenheim, am Wochenende gibt es à la Carte. Die Liebe zum Beruf zu zeigen, ist für mich das Erfolgsrezept.“
Christian Paunger, Hotel Paunger (Miesenbach): „Man muss ausprobieren, was zu einem passt. Auf allen Hochzeiten zu tanzen funktioniert auch nicht. Investitionen für Gäste und Mitarbeiter:innen sind enorm wichtig.“
Quelle: WKO, 07. März 2019